Strategische Personalentwicklung in der Wohnungswirtschaft
Der Fachkräftemangel rückt immer stärker in den Fokus. Erste Wirtschaftsbereiche signalisieren zunehmend Schwierigkeiten, qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren. Zeichnet sich auch in der Wohnungswirtschaft ein Fachkräftemangel ab? Ein Interview mit Michael Rohde, Bereichsleiter des Personal- und Sozialwesens bei der WIRO Wohnen in Rostock:
Mit 36.000 Wohnungen und mehr als 560 Mitarbeitern gehört die WIRO Wohnen in Rostock zu den größten kommunalen Wohnungsgesellschaften der Republik.
Auf welchen Zeitraum ist Ihre Personalbedarfsplanung angelegt?
Michael Rohde: Unsere Gesellschaft altert und mit ihr die Belegschaften. Eine vorausschauende Personalplanung und -entwicklung ist deshalb unverzichtbar. Realistische Prognosen, die langfristig zehn, operativ drei Jahre umfassen, bilden für uns die Basis, unseren künftigen Personalbedarf genau zu analysieren und die Zukunft unseres Unternehmens zu sichern.
Über welche Ressourcen (Print-Anzeigen, Internetportale, Personalberater) rekrutieren Sie Mitarbeiter?
Michael Rohde: Unsere Website, Print-Anzeigen in Tages- oder Fachzeitschriften, soziale Netzwerke und Personalberater sind unserer Erfahrung nach die besten Adressen, um richtige und passende Mitarbeiter zu finden.
Wie hoch ist die Ausbildungsquote?
Michael Rohde: Die Qualität unserer Berufsausbildung ist seit mehr als 20 Jahren Teil unseres Unternehmenserfolgs. Unsere Strategie, Lerninhalte mit der Entwicklung persönlicher Kompetenzen systematisch zu vernetzen, und eine von Beginn an praxisorientierte Ausbildung mit großer Kundennähe und guten Entwicklungschancen anzubieten, kommt sehr gut an: Trotz des demografischen Wandels nimmt die Zahl der jährlichen Bewerbungen bei der WIRO zu. Seit 1990 haben mehr als 300 junge Menschen ihren Beruf bei uns erlernt, zurzeit sind es 33 - Tendenz steigend.
Gibt es Anreize zur Mitarbeiterbindung? Welche sind das?
Michael Rohde: Wer für die WIRO arbeitet, soll das gut und gerne tun: Darum stärken wir mit regelmäßigen Fortbildungen, flexiblen Arbeitsbedingungen, moderner IT-Ausstattung, tariflich gebundener Entlohnung und familienfreundlichen Angeboten unsere Attraktivität als Arbeitgeber.
Was zeichnet eine gute Personalplanung aus?
Michael Rohde: Eine gute Personalplanung beginnt für mich bei einem funktionierenden Personalmanagement-System mit aktuellen, konsistenten und schnell abrufbaren Personaldaten, das einen transparenten Überblick und eine realistische Hochrechnung über Veränderungen in der Personal- und Altersstruktur liefert. Zu einer guten Personalplanung gehört auch, sich für den demografischen Wandel fit zu machen, Trends und den allgemeinen Wertewandel in unserer Gesellschaft nicht zu verschlafen. Denn wer diese nicht rechtzeitig in die Personalplanung integriert, verbaut sich selbst die rechtzeitige Suche nach Talenten und Leistungsträgern.
Werden die Potentiale der Mitarbeiter systematisch analysiert? Nach welchem Ansatz?
Michael Rohde: Selbstverständlich, denn die Anforderungen in der Wohnungswirtschaft wachsen: Energieeffizienz, wohnbegleitende Dienstleistungen und Quartiersentwicklung sind Aufgaben, die längst über das Kerngeschäft hinausgehen und immer mehr Fachwissen erfordern. Die Ist-Potentiale unserer Mitarbeiter lassen sich mit den Soll-Potentialen während des Tagesgeschäfts gut vergleichen. Für ein gemeinsames Verständnis von Anforderungen und Zielen, aber auch um das persönliche Meinungs- und Stimmungsbild einzufangen und die Teamarbeit zu fördern, führen Vorgesetzte und Mitarbeiter persönliche Jahresgespräche. In denen werden die Arbeitsergebnisse der vergangenen 12 Monate rekapituliert und neue, individuelle Ziele mit den dafür notwendigen Qualifikationen vereinbart.
Gibt es ein definiertes Budget für Mitarbeiterqualifizierungsprogramme?
Michael Rohde: Für die kontinuierliche Förderung unserer Mitarbeiter geben wir jährlich 100.000 Euro aus.
Welche Maßnahmen sind Bestandteil der Personalentwicklungsprogramme (z.B. Förderung der Aus- und Weiterbildung)?
Michael Rohde: Lernen heißt für uns, immer am Ball zu bleiben. Neben Mitarbeitergesprächen, Fortbildungen und Zielvereinbarungen sind Förderprogramme ein wichtiges Instrument, unser Personal weiterzuentwickeln. Diese unterscheiden sich nach strategischen und persönlichen Themenschwerpunkten oder nach der Aktualität der Anforderungen und reichen vom Kommunikationstraining bis hin zu Präsentationstechniken. Lebenslanges Lernen gilt selbstverständlich auch für unsere Führungskräfte: Sie besuchen ebenfalls Coachings, Klausurtagungen und Seminare, um ihre fachliche, methodische, soziale und persönliche Entwicklung auszubauen.
Werden diese Programme von den Mitarbeitern angenommen?
Michael Rohde: Absolut. Im Jahr 2012 besuchten 290 WIRO-Mitarbeiter insgesamt 34 interne und 158 externe Seminare oder Fort- und Weiterbildungen.
In welchen Intervallen werden die Personalentwicklungspläne überprüft und angepasst?
Michael Rohde: Die WIRO-Mitarbeiter prägen unser Unternehmen, machen es unverwechselbar und einzigartig. Um Leistungsträger zu identifizieren und Mitarbeiter-Potentiale aktiv zu entwickeln, müssen wir sie dort abholen, wo sie stehen und ihnen Zeit geben. Wir entwerfen deshalb Personalentwicklungsprogramme für die Dauer mehrerer Tage, Monate aber auch Jahre.
Gibt es Maßnahmen, ältere Mitarbeiter gezielt zu fördern?
Michael Rohde: Fordern und fördern - das gilt für jeden unserer Mitarbeiter, unabhängig von deren Alter. Programme zur gezielten Förderung älter Mitarbeiter haben wir nicht implementiert, denn unsere Erfahrung zeigt, dass die Leistungsfähigkeit ebenso wie die Konzentrationsfähigkeit und der Wissensgebrauch älterer Kollegen nicht schlechter ist als bei Jüngeren.
Gibt es bestimmte Arbeits- und Zeitmodelle zur Vereinbarkeit von Familien und Beruf?
Michael Rohde: Ein aufreibender Arbeitsalltag, kleine Kinder, gesundheitliche Probleme, vielleicht noch pflegebedürftige Eltern - das alles zu meistern, kostet viel Kraft. Verkürzte Kernarbeitszeiten, Väter in Elternzeit, Teilzeit oder mobile Arbeitsplätze - das ist bei uns nicht neu. In den vergangenen Jahren ist der Stellenwert der Familie aber weiter gestiegen. Derzeit machen wir uns Gedanken über geeignete Partner, die bei der Kinderbereuung während der Ferien oder in familiären Notfällen unseren Mitarbeitern unter die Arme greifen. Bei Engpässen lassen wir niemanden allein, der Nachwuchs ist dann im Büro willkommen und kann sich, während Mutter oder Vater arbeiten, in den dafür eingerichteten Spielzonen beschäftigen.
Welche Möglichkeiten offeriert Ihr Unternehmen, einen Beitrag zur Work-Life-Balance der Mitarbeiter zu leisten? Beispielsweise Zuschüsse zu Fitness-Kursen, Gesundheitschecks, Ernährungsberatung.
Michael Rohde: Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter sind keine betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, beeinflussen den Unternehmenserfolg aber maßgeblich. Nur wer sich am Arbeitsplatz wohlfühlt, ist motiviert und leistungsstark. Genau dieses Ziel verfolgen wir mit der Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements. Mit Ernährungswochen, Entspannungs- und Präventionsangeboten oder Team-Sport wollen wir unsere Mitarbeiter erreichen und einen wichtigen Beitrag zur besseren Work-Life-Balance leisten.
In welchen Intervallen werden Mitarbeiterbefragungen durchgeführt?
Michael Rohde: Fragen, wie ein familienfreundlicher Arbeitsplatz ganz real auszusehen hat oder wie die Work-Life-Balance verbessert werden kann, beurteilen unsere Mitarbeiter immer noch am besten selbst. Deshalb ist die Meinung unserer Mitarbeiter gefragt: mindestens einmal jährlich zu ganz unterschiedlichen Themen.
Für welche Tätigkeitsbereiche / Aufgabenfelder in der Wohnungswirtschaft wird es zukünftig schwieriger, Personal zu rekrutieren?
Michael Rohde: Ganz unabhängig von allen Konjunkturzyklen wird der demografische Wandel in den kommenden Jahren zu einem Personal-Engpass führen. Fachkräfte und Führungskräfte insbesondere im technischen Bereich - beispielsweise Bauingenieure - werden dann, besonders für Wohnungsunternehmen mit Neubautätigkeit, zur Mangelware.