30 Jahre WIRO
Die WIRO hatte im Dezember Geburtstag. Die Party ist ausgefallen. Da geht es dem Wohnungsunternehmen so wie vielen anderen ... Viele Mitarbeiter sind von Anfang an dabei, sie erinnern sich an die vergangenen Jahrzehnte.
Kerstin Lormes, Wohnungsverwalterin seit 1983:
„Ich habe noch bei der VEB Gebäudewirtschaft angefangen, dem Vorgänger der WIRO. Zuerst war ich in der Außenstelle Südstadt, da war es nicht so dramatisch wie in der KTV, aber in den letzten Jahren der DDR fingen auch dort die Probleme an: undichte Fenster, kaputte Heizungen, nasse Wände. Wir Wohnungsverwalter haben die Sorgen der Mieter aufgenommen – aber helfen konnten wir selten. Manchmal haben wir »Tauschgeschäfte« zwischen den Mietern vermittelt. Einer war handwerklich begabt, der andere hatte vielleicht Ersatzteile. Oft hatten wir nur einen guten Rat zur Selbsthilfe, zum Beispiel gegen eingefrorene Wasserleitungen: Feinstrumpfhose mit Sand füllen, im Ofen erwärmen und ans Rohr halten, damit es langsam auftaut! Wie wir Wohnungsverwalter früher gearbeitet haben, da würde sich heute jeder Datenschützer die Haare raufen. Alle Mieterdaten haben wir auf Karteikarten geschrieben und in großen Kästen gesammelt, die waren für jeden zugänglich. Auch die Namen der Mietschuldner wurden teilweise öffentlich ausgehangen.
Dann kam die Wende – und die Ungewissheit. Was für eine Erlösung, als feststand, dass aus der Gebäudewirtschaft die WIRO wird! Die Zeit danach war aufregend. Wir waren voller Elan, konnten endlich etwas bewegen. Unsere Handwerkeraufträge wurden erledigt! Wir bekamen Computer, Telefone. Nach Feierabend sind wir mit dem Zollstock los und haben Grundrisse vermessen – die gab es bis dahin gar nicht. Ob sich die Mieter verändert haben? Die Ansprüche auf jeden Fall. Die Mieter haben früher gar nicht erwartet, dass wir eine Lösung haben. Manche sind jahrelang mit demselben Problem gekommen. Heute undenkbar. Mieter haben sich daran gewöhnt, dass ihr Problem innerhalb von wenigen Tagen behoben ist. Wir haben heute auch ganz andere Möglichkeiten: Jeder Mitarbeiter hat ein Smartphone, Handwerkeraufträge werden elektronisch an den Bauservice übermittelt und bearbeitet, das Materiallager ist voll. Gut, dass es so ist.“
Sigrid Weide, Bauleiterin seit 1982:
„Im Nachhinein sage ich: Was für ein Glück, dass früher niemandem ein Ziegel auf den Kopf gefallen ist! Viele Schornsteine, auch die Dachziegel waren um die Wende-Zeit in einem erbärmlichen Zustand und lose. Um Altbau hat man sich in der DDR kaum gekümmert, der Fokus lag darauf, neuen Wohnraum zu schaffen. Das wurde mit der Wende – und der jungen WIRO – anders. 1992 starteten wir mit dem großen Sanierungsprogramm, 33.000 Wohnungen brachten wir innerhalb von zwölf Jahren auf Vordermann. Das lief wie das Brezelbacken. Wir waren damals 50 Mitarbeiter im Bereich Technik. Meine ersten Projekte waren in der Südstadt. Ich erinnere mich an den Südring, da haben wir während der Bauarbeiten gemerkt, dass einige Fassadenplatten stark geschädigt waren. Die mussten wir auswechseln – und die Mieter saßen plötzlich ohne Außenwand in ihren Wohnzimmern. Nach vier Jahren waren wir mit der Südstadt durch, die jüngeren Stadtteile folgten. Dierkow und Toitenwinkel waren als Letzte an der Reihe.
Das ist viele Jahre her und etliche Bauteile müssen wieder ausgewechselt werden. Fassaden kommen in die Jahre, Dächer halten nicht ewig. Aber jetzt stehen weniger Komplexsanierungen an, wir arbeiten nach Erfordernis. Neubau ist seit ein paar Jahren ein großes Thema. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren mehr als 300 Wohnungen gebaut und 1.500 weitere sind bis 2025 geplant.“
Fred Schulmann, Bauleiter seit 1984:
„Nach meinem Hochbaustudium habe ich 1984 in der Materialwirtschaft im Bauhof angefangen. Unser Lager war voll – aber das, was gerade gebraucht wurde, hatten wir selten. Nach der Wende habe ich als Bauleiter zur Technik-Abteilung gewechselt. Meine erste Baustelle war der Thomas-Müntzer-Platz. Häuser aus den 30ern, jahrzehntelang war nichts gemacht worden. Dächer, Heizung und Sanitär, Elektroleitungen, Fenster – alles war hinüber und wir mussten jedes Zimmer auf den Kopf stellen. Das kann sich heute keiner mehr vorstellen, aber wir haben all das im bewohnten Zustand gemacht. Die Staubkörner vom Aufschlitzen der Wände waren in jeder Ritze. Die Leute haben wochenlang neben ihrem verpackten Besitz gewohnt. Nicht zu vergessen: Im Schnitt haben auch mehr Menschen in einer Wohnung gelebt als heute. Es war alles andere als angenehm, aber die Mieter haben es geduldig ertragen. Sie haben sich ja auf ihre neu gemachte Wohnung gefreut! Kachelöfen, Kohlebadeöfen, Toiletten im Keller waren passé – dafür gab es moderne Heizungs-anlagen, geflieste Bäder, moderne Kunststofffenster. In den 90ern war die große Herausforderung, die Häuser in Schuss zu bringen.
Auch heute müssen wir unseren Bestand für die Zukunft rüsten. Die Menschen werden immer älter, sie wollen möglichst lange in ihrer Wohnung bleiben und darauf müssen wir uns einstellen. Fahrstühle, Duschabsenkungen, Smart-Home-Technik – das sind wichtige Themen."