"Es gibt kein Richtig oder Falsch"

Maria Dietz, braune lange Haare, sanftes Lächeln, ist die neue Stadtpastorin.
Die neue Stadtpastorin Maria Dietz. Sie gestaltet am 24. Dezember um 15:30 Uhr den Weihnachtsgottesdient in der Universitätskirche. Foto: MATHIAS RÖVENSTAHL

Maria Dietz ist die neue Stadtpastorin. Die 35-Jährige ist als »Außenministerin« für die Kirchen in Rostock unterwegs.

Sie möchte die Kirchengemeinden untereinander vernetzen, hält Kontakt zur Kommune, zu Vereinen, zu anderen Glaubensrichtungen. Wir haben mit der bald dreifachen Mutter über Weihnachten gesprochen.

Wenn wir Kinder fragen, was ihnen an Weihnachten wichtig ist, zählen die meisten wahrscheinlich auf: der Weihnachtsmann, Geschenke, ein bunt geschmückter Tannenbaum. Betrübt es Sie als Pastorin, dass der Ursprung des Festes, die Geburt von Jesus Christus, in den Hintergrund gerückt ist?

»Werfen wir einen Blick in die Weihnachtsgeschichte, nach Betlehem vor mehr als 2.000 Jahren: Die Welt war aus den Fugen. Es gab Hungersnöte, Tyrannei, Verzweiflung. Die Geburt von Jesus war ein Hoffnungsschimmer. Ein Funken, der die Welt vielleicht nicht sofort verändert hat, er hat aber gezeigt: Ein Aufbruch ist möglich. Weihnachten trägt diesen Funken immer wieder in die christliche Welt, bis heute. Auch wenn Menschen an Weihnachten nicht vordergründig die frohe Botschaft von Christi Geburt im Kopf haben, ist die damit verbundene Hoffnung tief in uns verankert. Weihnachten ist für die meisten Menschen, ob religiös oder nicht, ein hohes Fest, das mit Emotionen aufgeladen ist. Wir lassen es besonders hell leuchten, wir kommen zusammen, denken an andere Menschen und bereiten ihnen Freude. Wir setzen damit einen Gegenpunkt, egal wie die Zeiten gerade sind. Das ist für mich der Kern von Weihnachten. Und ich finde es völlig in Ordnung, wenn Kinder an den Weihnachtsmann glauben. Jeder soll Weihnachten so feiern, wie er es mag.«

Deprimiert es Sie, dass die Kirchen nur zu Weihnachten rappelvoll sind?

»Im Gegenteil. Ich freue mich, selbst wenn Menschen nur dieses eine Mal im Jahr zum Gottesdienst kommen. Ich frage nicht nach den Motiven. Die gut besuchten Weihnachtsgottesdienste zeigen, dass die Kirche in dieser Zeit wichtig ist, und das finde ich schön.«

Welche Traditionen pflegen Sie mit Ihrer Familie?

»Unsere Kinder sind klein, und wir sind noch dabei, unsere eigene Familientradition zu finden. Mein Beruf fordert vor allem vor und zu Weihnachten viel Zeit: Besuche in Pflegeheimen, Andachten, Adventsfeiern und Gemeindenachmittage sind an der Tagesordnung. Nicht zu vergessen meine Gottesdienste an den Festtagen. Das macht feste Abläufe schwierig. Darum versuche ich die wenige Zeit, die ich mit der Familie habe, besonders zu zelebrieren und zu genießen. Geschenke besorge ich lange im Voraus, damit ich damit keinen Stress mehr habe.«

In der Realität ist Weihnachten oft nicht so besinnlich wie wir es uns erhoffen. Warum knallt es gerade jetzt so oft?

»Der Druck ist enorm hoch. Wir haben in der Gesellschaft diesen Anspruch, dass an Weihnachten alles schön und perfekt werden muss. Ob die Dekoration, das Essen, Geschenke, selbst die Laune der Gäste. Wenn die Erwartungen an uns selbst und auch an die Familie so unrealistisch sind, ist die Enttäuschung umso größer, wenn etwas schief geht. Frust und Streit sind vorprogrammiert.«

Wie können wir es besser machen?

»Es hilft nur eines: Druck rausnehmen. Das Leben ist nicht perfekt und auch an Weihnachten läuft nicht alles glatt. Das ist nicht schlimm. Woran erinnern wir uns denn später? Selten an das Perfekte, eher an das, was daneben ging. Jeder hat es am Ende selbst in der Hand, wie er feiert. Hören Sie in sich hinein: Will ich wie alle Jahre die ganze Familie mit einem aufwändigen Festmahl bewirten, obwohl mich das stresst? Will ich aus Pflichtgefühl mit Verwandten an einem Tisch sitzen, die ich sonst meide? Und müssen diese vielen Geschenke wirklich sein? Ziehen Sie die Konsequenzen, selbst wenn das bei anderen auf Unverständnis stößt. Ich bin eine Weihnachtsverfechterin, aber ich finde es in Ordnung, wenn Menschen es anders sehen. Es gibt kein Richtig oder falsch.«

 

MARIA DIETZ


·         aufgewachsen in Güstrow

·         Studium in Berlin

·         Vikariat in der Domgemeinde Lübeck

·         erste Pfarrstelle in der Kirchengemeinde Reinfeld

·         seit wenigen Wochen Stadtpastorin/Pastorin der Innenstadtgemeinde

·         verheiratet, zwei Kinder (bald drei)