Neue Farbe, neues Leben

Dörte Holnberg an ihrem Küchenbüfett.
Der große Unterschied zum Recycling: Man sieht dem neuen Möbelstück den Verarbeitungsprozess an. »Das ist nachhaltig und für jeden erschwinglich.« Foto: DOMUSIMAGES

Dörte Holnberg lebt im Paradies: Ihr uriges Bauernhaus hat sie mit Unikaten eingerichtet, die alle ein Vorleben haben. Mit Farbe, Schleifpapier und Kreativität schenkt sie alten Möbeln ein neues Leben.

Schon als Kind hat die Rostockerin ihre Ferien auf dem Bauernhof in Wiendorf verbracht. Ihre Eltern hatten das verfallene Haus in den 70ern mit Freunden gekauft und mühevoll restauriert. »Damals konnten wir es uns nicht leisten, die Räume mit neuen Möbeln einzurichten.« Also hat ihre Mutter alte Stühle und Schränke der Urgroßeltern aufgearbeitet. Was ihre Mutter damals aus dem Mangel heraus tat, ist heute angesagt und heißt Upcycling. Alte Stücke werden aufgemöbelt und bekommen ein zweites Leben.

Der große Unterschied zum Recycling: Man sieht dem neuen Möbelstück den Verarbeitungsprozess an. »Das ist nachhaltig und für jeden erschwinglich.« Zwar hat Dörte Holnberg als junge Frau auch mal in moderne Möbel investiert, die sie im Rückblick schrecklich findet. »Grundsätzlich mag ich alte Dinge, denn sie haben Persönlichkeit.« Es hat ihr schon immer Spaß gemacht, Gebrauchtem ihren Stempel aufzudrücken. Vor ein paar Jahren hat sie ihren Job in der Apotheke an den Nagel gehängt, ist mit ihrem Mann auf den alten Hof gezogen und hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. In ihrer Werkstatt arbeitet sie im Auftrag ihrer Kunden Möbel um – die sie dann manchmal gar nicht wiedererkennen. Ehemals dunkelbraun lackierte, schwere Kommoden strahlen in leichtem Weiß, trutschige Essstühle im Shabby-Chick. Ein gutes Beispiel ist ihr Lieblingsstück, das Buffet in ihrer Küche. »Das war sehr ramponiert und der alte Besitzer wollte es verbrennen.« Sie hat den klobigen Schrank gerettet. Ihr Mann, Dachdeckermeister und ein begeisterter Holzwurm, hat die fehlenden Schubladen nachgebaut, abgesplittertes Holz und die Glasscheiben ersetzt. Sie hat die alten Farbschichten abgeschliffen, Beschläge und Griffe erneuert. Am liebsten arbeitet sie mit der Fassmalerei-Methode. »Das hat nichts mit einem Fass zu tun, sondern bezeichnet Einfassen mit Farbe oder Blattgold und ist ein altes Kunsthandwerk.« Sie trägt die Farbe, vorwiegend Kreidefarben, in mehreren Schichten und Nuancen auf, schleift immer wieder an und bürstet. »So entsteht der antike Charakter.« Am Ende versiegelt sie das Holz mit Wachs. »Die Stücke sind dann nicht einfach glatt lackiert. Man sieht ihnen ihr Alter und ihren Charakter an.« Entweder haben die Kunden eigene Vorstellungen oder sie lassen sich von der kreativen Handwerkerin beraten. »Ich schaue mir auch gerne das Zuhause der Besitzer an und schlage ein Konzept vor.« Oft bekommt sie Familien-Erbstücke zur Aufarbeitung. »Aber es müssen keine Antiquitäten sein. Man wird auch auf dem Sperrmüll, bei Ebay oder im Sozialkaufhaus fündig.« Ihr Tipp: »Überlegen Sie sich, welche Funktion das Möbelstück übernehmen soll.« Die Form sollte gefallen. »Alles andere kann man verändern.« Einzige Bedingung: Das Stück sollte funktionstüchtig sein.

Dörte Holnberg steht öfter der Sinn nach Veränderung. »Alle paar Jahre richte ich mich neu ein.« Scheinbar. Denn die Möbel bleiben die alten, sie ändert nur Farben und Details. Ist ein Möbelstück auch noch so oll – die gebürtige Rostockerin kann aus fast allen etwas Schönes machen. Ob ein Vertiko aus dem 18. Jahrhundert, ein Telefontisch aus den 50ern oder ein Ikea-Schrank, ob Eiche, Furnier oder sogar Kunststoff. Selbst Einzelteile sind noch zu etwas Nütze: Aus Schubladen macht sie Tablets, eine Schranktür hat sie neulich in eine schicke Garderobe umfunktioniert. »Am Ende des Tages sehe ich immer, was ich geschafft habe und das ist sehr befriedigend.«

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