Pläne für Lichtenhagen
Eine Oase im Nordwesten, Mobilität zum Ausleihen, Innenhöfe und Mietergärten, Raum für gute Nachbarschaft: ein Gespräch mit den Architekten Martin Zavracky und Christian Röttger vom Büro »Bastmann + Zavracky« über das neue WIRO-Quartier in Lichtenhagen.
Ein zeitgemäßes Quartier mitten im Nordwesten zu planen, das sich einfügt zwischen den Plattenbauten aus den 70er-Jahren – das ist keine einfache Aufgabe, oder?
Martin Zavracky: »Vorweg: Die Platte ist, was ihre Struktur und Funktionalität angeht, viel besser als ihr Ruf. Aber unser Ziel war es gar nicht, die Ideen der Wohnsiedlungen von damals weiterzuführen. Wir wollten ein urbanes Viertel entwickeln, das für sich steht, mit einer eigenen Identität. Eine Oase im Plattenbauumfeld. Trotzdem darf ein neues Quartier nicht gegen seine Umgebung arbeiten, darum haben wir die Kubus- und Riegelformen aufgenommen.«
In wenigen Sätzen: Was ist das Besondere am Quartier an der Ecke Möllner und Plöner Straße?
Christian Röttger: »Es soll sich für die Mieter anfühlen, als wohnen sie in einem Park. Erstens gibt es keinen Verkehr im Quartier. Zweitens haben wir nicht, wie sonst typisch im Nordwesten, die Häuser um einen riesigen Hof in der Mitte angeordnet, sondern mehrere kleine Höfe zwischen den Gebäuden geplant. Das ist weniger anonym, schafft Privatheit. Es gibt Begegnungs-zonen wie einen Trimm-Dich-Pfad für Ältere, Labyrinth und Rollerparcours für Kinder, Wiesen zum Ballspielen, Tischtennisplatten, Sitzgelegenheiten. Das Herzstück ist das Concierge-Büro in der Mitte. Hier können Mieter ihre Pakete abholen, Nachbarn tref-fen oder sich ein Pedelec ausleihen.«
Jede Zeit hat ihre Architektur. Was sind die Herausforderungen heute?
Christian Röttger: »Wir brauchen Wohnraum, der nicht austauschbar und monoton ist, sondern mit dem Menschen sich verbinden kann. Wir haben in der Plöner Straße vielfältige Grundrisse und Wohnungsgrößen geplant, für jede Lebenssituation die passende. Insgesamt sind es 318 Wohnungen mit zwei bis fünf Zimmern, davon 42 sozial gefördert. Gute Nachbarschaften sind wichtig, darum schafft die WIRO vielfältige Räume der Begegnung. Auch ein modernes Mobilitätskonzept darf nicht fehlen, mit Ladepunkten, Carsharing-Angeboten und großen Fahrradräumen.«
Martin Zavracky: »Bei all diesen Ansprüchen muss man beim Wohnungsbau heute gut wirtschaften, damit die Miete bezahlbar bleibt. So verzichtet die WIRO auf teure Tiefgaragen und hält den Anteil der Verkehrsflächen gering, zugunsten von mehr Wohnraum. Charakter und Atmosphäre schaffen wir trotzdem: Beispielsweise mit Terrassen im Erdgeschoss, unterirdischen Mülltonnen, bodentiefen Fenstern mit einem freien Blick nach draußen, Dachterrassen.«
Wie kann das neue WIRO-Quartier den Stadtteil Lichtenhagen bereichern?
Martin Zavracky: »Das ist wie ein Samen, den man einbringt. Die neue Struktur strahlt aus und stößt etwas an. Die Nähe beispielsweise zum Wissenschaftsstandort in Warnemünde und zu Liebherr ist attraktiv für Menschen, die sonst nicht unbedingt nach Lichtenhagen gezogen wären. Die neuen Bewohner werden neue Impulse in den Stadtteil bringen.«