Von Matrosen und Mädchen

Drei Musikanten der Klaashahns, darunter Monika Milles undMax Nadzeika
Max Nadzeika (rechts) tritt in große Fußstapfen, er übernimmt das Amt von Monika Milles. Der einzigen Frau im Männerverein. Foto: Mathias Rövensthal

Wenn 35 Männer Seemannslieder brummen, bleibt kein Herz verschlossen. Seit 60 Jahren singen die Klaashahns Shantys. Die Geschichte eines Männerchores aus Warnemünde, der für eine Frau sein Statut geändert hat und der ausnahmsweise keine Nachwuchssorgen hat.

Dank »Wellerman« und Santiano wissen sogar Menschen, die noch nie einen Seefahrer getroffen haben, was ein Shanty ist. Seit Seemannslieder die Charts erobern, stehen Enkel einträchtig neben ihren Großeltern, wenn die Klaashahns am Alten Strom singen. Von betrunkenen Matrosen, schönen Mädchen im Hafen, großer Sehnsucht nach zuhause. Von Themen eben, die Seeleute vor Jahrhunderten beschäftigt und die sie besungen haben. Genau genommen sind Shantys Arbeitslieder, sie haben die Plackerei auf den großen Segelschiffen leichter gemacht.

Klaashahns
Foto: Klaashahns

Eine Erfolgsgeschichte
Vor 60 Jahren fanden acht Segler aus Warnemünde Gefallen daran, gemeinsam die alten Seemannslieder zu singen. Sie nannten sich Klaashahns, wurden größer – und eine Erfolgsgeschichte: 100 Konzerte im Jahr zu DDR-Zeiten, nach der Wende TV-Auftritte bei Carmen Nebel, Einladungen nach Chicago und Paris. Seit Corona ist es etwas ruhiger geworden. Das bereitet dem Vereinsvorsitzenden Günter Hamann manchmal Kopfweh, denn die Konzerte bringen den Männern nicht nur Freude, sondern auch Geld in die Vereinskasse. Für die Reparatur vom Klaashahn-Bus oder die maritime Bühnengarderobe, die kostet pro Sänger immerhin 500 Euro. »Neue Mitglieder müssen wir natürlich ausstaffieren.« Und da kamen – das ist die gute Nachricht – in den vergangenen Monaten einige.

Gegen den Trend
Woanders müssen Shantychöre die Segel streichen, weil es an Sängern mangelt. Bei den Klaashahns geht es gegen den Trend. »Wir haben fünf Mitglieder unter 40 Jahren dazubekommen!«, freut sich Günter Hamann. Max Nadzeika ist einer von den Jungspunden. Der 22-Jährige, gebürtig aus Zarrentin, kam wegen seines Physiotherapie-Studiums nach Rostock. Seitdem er sieben ist, spielt er Akkordeon, sang schon als Teenager Shantys bei den Schaalseejungs. »Ich mag traditionelle Lieder und finde es wichtig, dieses Stück Kultur zu erhalten.« Regelmäßig tritt er in seiner Heimat ehrenamtlich in Altenheimen auf. »Die Augen strahlen, wenn ich Lieder von früher spiele. Das ist mir eine Herzensangelegenheit.« Die Klaashahns traf er 2022 bei einem Auftritt in Waren an der Müritz, er gehört seitdem dazu. Aktuell büffelt der Student für seine Abschlussprüfungen, danach übernimmt er die Chorleitung. Ist da nicht Knatsch mit den alten Hasen vorprogrammiert? »Nein, die Generationen ergänzen sich und wir lernen voneinander.«

Monika Milles ist das i-Tüpfelchen
Max Nadzeika tritt in große Fußstapfen, er übernimmt das Amt von Monika Milles. Der einzigen Frau im Männerverein. Monika Milles ist das i-Tüpfelchen. Seit 1999, mit Pause zwischendurch, unterstützt die Warnemünder Dern mit ihrem Akkordeon den Chor. »Damals musste extra die Satzung geändert werden, weil Frauen nicht erlaubt waren.« Später hat Monika Milles die Leitung des Chores übernommen. Obwohl gerade mal 1,60 Meter, tanzen die Herren nach ihrer Pfeife, erzählt sie lachend. »Ich bin ganz schön streng.« Demnächst möchte sie kürzertreten, »aber nicht aussteigen!« Singen dürfen Frauen übrigens bis heute nicht. Da bestehen die Männer drauf. »Nicht, weil wir was gegen Frauen haben«, versichert Günter Hamann. Urige Shantys brauchen tiefe Männerstimmen, sagt er. Dafür wurden sie schließlich einst geschrieben. Die Klaashahns haben mittlerweile mehr als 100 Titel in ihrem Liederbuch. Ohrwürmer zum Mitsingen wie »Wellerman« oder »Aloha Heja He«, Stücke aus England, Dänemark oder Irland. Die nächste Gelegenheit, um die Klaashahns live zu erleben, ist übrigens die Warnemünder Woche.

www.klaashahns.de

30 Sänger, drei Akkordeons und eine Bananenkiste: Die Klaashahns proben jeden Donnerstag im Elmenhorster Gemeindehaus. Der 60. Geburtstag des Chors wird am 21. September mit einem Fest gefeiert.
30 Sänger, drei Akkordeons und eine Bananenkiste: Die Klaashahns proben jeden Donnerstag im Elmenhorster Gemeindehaus. Der 60. Geburtstag des Chors wird am 21. September mit einem Fest gefeiert. Foto: Mathias Rövensthal